Im Ausland studieren am Technion

Hi zusammen!

Mein Name ist Enjay und ich studiere derzeit als Austauschstudent im Masterprogramm des Technion.

Die Universität genießt im ganzen Land und darüber hinaus großes Ansehen, unter anderem auf den Bereichen der Künstlichen Intelligenz sowie Robotik, wovon ich als Masterstudent Maschinenbau fachlich bisher sehr profitieren konnte!

Im Folgenden möchte ich Euch einen Überblick über das Technion geben, meine Erfahrungen zum Austauschprogramm teilen und Euch hoffentlich einige hilfreiche Tipps an die Hand geben.

Dabei wird der Artikel bis zum Ende des Aufenthalts im August aktualisiert und ergänzt.

Wenn Ihr Fragen haben, kontaktiert mich gerne über das Kontaktformular!

Viel Freude beim Lesen!

Vorbereitung des Aufenthalts, Kontaktaufnahme zur Gastinstitution, Kontakte mit Behörden, erste Anschaffungen etc.

Allgemein wird hauptsächlich per Mail kommuniziert. Israelis sind sehr direkt und selbst die Professoren duzen grundsätzlich. Beachtet, dass am Shabbat (effektiv Freitag und Samstag) und an Feiertagen keine Emails beantwortet werden. Vereinzelt kann es vorkommen, dass Mails untergehen und ihr eine Erinnerungsmail schreiben müsst. Besonders das Internationals-Office ist vor und zu Beginn des Semesters stark ausgelastet, versucht hier die wichtigen Aspekte frühzeitig zu klären. Es gibt am Technion mehrere Ansprechpartner für verschiedene Themen (Fachlich/ Administrativ/ Wohnheim). Notiert euch am Besten die Adressen und Namen der Ansprechpartner und meldet euch im Zweifel bei der fachlichen Ansprechperson.

Am Technion werden die Kurse leider erst recht kurz vor Semesterstart in das Portal geladen (siehe https://students.technion.ac.il/), ihr könnt euch jedoch größtenteils an den Semestern davor orientieren, falls ihr bereits im Vorfeld Learning-Agreements mit den Professorinnen eurer Heimuniversität schließen wollt. Dies ist sehr zu empfehlen, falls ihr die Kurse in eurem Studium anrechnen lassen wollt. Kümmert euch möglichst frühzeitig um die Kurswahl. Kontaktiert hierzu zunächst die Professorinnen am Technion und bittet um Teilnahmeerlaubnis. Auch wenn die Kurse auf der Website als Hebräische Kurse gelistet sind, besteht die Chance, dass der Kurs für euch auf Englisch angeboten wird.

Genauer gesagt ist die Regel, dass ein Undergraduate Kurs in Hebräisch angeboten werden soll, sobald mindestens eine Person dies fordert. Bei den Graduate Kursen hingegen ist es umgekehrt: Hier sollen die Kurse in Englisch angeboten werden, sobald mindestens eine Person dies fordert.

Ein weiterer Geheimtipp ist das inoffizielle Tool „Cheesefork“, hier könnt ihr sowohl euren Stundenplan zusammenstellen als auch Kursbewertungen einsehen: https://cheesefork.cf/

Ein kleiner Hinweis am Rande: Tatsächlich gibt es am Technion ein kurzes, drittes Sommersemester. Die zwei großen Semester sind jedoch das „Winter Semester“ (Oktober bis März) sowie das „Spring Semester“ (März bis August). Von August bis Oktober werden vereinzelte Kurse im Schnelldurchlauf angeboten. Grundsätzlich wird das dritte Semester jedoch nur von wenigen Studierenden belegt und ist angeblich kostenpflichtig.

Visum, Aufenthaltsgenehmigung

Ihr könnt das Studentenvisum vom Israelischen Konsulat in Berlin oder München beantragen. Informationen hierzu sind online zu finden.

Zum Wintersemester 2022/23 gab es jedoch einen anhaltenden Streik der israelischen Behörden und daher kaum Visaetiketten in den Botschaften weltweit. Ich kann euch daher raten: Informiert euch frühzeitig und am besten schriftlich per Mail beim Konsulat über die Lage. Ich hatte glücklicherweise eine schriftliche Bestätigung, dass ich bei Antragstellung vier Wochen vor dem Aufenthaltsbeginn ein Visum erhalten werde. Letztendlich waren die Etiketten erneut unvorhergesehen knapp und erst nachdem ich die schriftliche Bekundung vorgezeigt habe, wurde mir eines der letzten Visaetiketten ausgestellt.

So etwas kann vorkommen, in diesem speziellen Fall gab es dann auch knapp vor Semesterbeginn die Ausnahmeerlaubnis, dass ausländische Studierende das Studentenvisum bis Ende des Jahres auch in Israel beantragen können. Hierauf könnt ihr Euch jedoch nicht verlassen, daher unbedingt frühzeitig abklären.

Zahlungsverkehr, Versicherung

Am Technion braucht man als Studierende:r eine israelische Krankenversicherung. Empfohlen ist die „Harel Yedidim“ von Clalit. Die würde ich ebenfalls empfehlen, da Clalit eine Niederlassung mit Gesundheitsservice auf dem Campus hat und alles soweit reibungsfrei verlaufen ist.

Bezahlen kann man fast überall mit Kreditkarte (Visa oder Mastercard funktionieren bisher überall). Bargeld kann ich nicht an jedem Automat abheben, jedoch habe ich gute Erfahrung mit der Bank Hapoalim gemacht. Deren rote Automaten gibt es auch am Flughafen.

Zum Bezahlen der Miete habe ich von meinem Vermieter die Möglichkeit erhalten, über den Bezahldienst „Wise“ zum zwanzigsten des Monats eine länderübergreifende Überweisung zu tätigen. Somit musste ich bisher kein israelisches Konto eröffnen. Üblicherweise werden die Mieten allerdings per Scheck bezahlt.

Als Mobilfunkanbieter kann ich Golan Telecom sehr empfehlen. Für 35 Schekel pro Monat bekommt man 300 GB Datenvolumen. Meines Wissens bekommt ihr die Sim-Karten nicht am Flughafen, jedoch z.B. im Azrieli Center in Tel Aviv.

Zimmersuche und Miethöhe

Leider ist es wohl am Technion grundsätzlich so, dass Studierende, die ein ganzes Jahr bleiben keinen Wohnheimsplatz bekommen.
Bisher ist es so, dass alle internationalen Studierenden im Neve America Wohnheim wohnen. Jeder hat sein eigenes Zimmer mit kleinem Bett und man hat einen großen Gemeinschaftsraum mit Sofas und Küche. Der Zustand der Gebäude ist insgesamt in Ordnung, die Ausstattung in den Gemeinschafträumen kann jedoch variieren. Grundsätzlich kann ich empfehlen, ins Wohnheim zu gehen, da man hier sehr einfach Anschluss findet. Falls ihr eine Absage für das Wohnheim bekommen habt, fragt doch einfach noch einmal nach. Es besteht durchaus die Chance, dass ihr beim zweiten Anlauf eine Zusage bekommt.

Falls ihr euch dennoch für ein Zimmer außerhalb entscheidet hier ein paar Hinweise:
Aktuell bekommt man für zwischen 1200 bis 1900 Schekel (ohne Zusatzkosten wie Strom, Wasser, Grundsteuer) ein Zimmer. Jedoch schwanken die Preis-Leistungs-Verhätnisse stark: Teilweise sind die Wohnungen in wirklich renovierungsbedürftigem Zustand. Für 1400 Schekel sollte man ein sauberes und intaktes Zimmer mit ausreichend Licht bekommen. Für 1800 Schekel bekommt man durchaus ein frisch renoviertes und schönes Zimmer. Es ist ratsam, sich mehrere Wohnungen anzuschauen um einen Eindruck zu bekommen. Die generelle Bauweise in Israel ist insgesamt eher praktisch und schlicht und die Häuser sind meist von innen deutlich schöner als von außen.

Die Wohnungsinserate findet man fast ausschließlich über Facebook. Beliebte Gruppen sind z.B.:

  • דירות סטודנטים סובב טכניון (Studentenapartments am Technion)
  • סטודנטים בטכניון דירות שותפים להש (WGs für Technion Studierende)
  • דירות לסטודנטים חיפה (Wohnungen für Studierende in Haifa)
  • דירות להשכרה ומכירה לסטודנטים בחיפה   כרה (Wohnungen für Studierende in Haifa)
  • השכרה / מכירה דירות חיפה נשר, סובב טכניון וקריות (Wohnungen in der Nähe vom Technion)
  • דירות להשכרה בחיפה (allgemein Wohnungen in Haifa)

Falls ihr einen Ansprechpartner vor Ort am Technion habt, versucht euch unterstützen zu lassen. Oftmals sind Inserate in Hebräisch und es kann von Vorteil sein, in Hebräisch zu kommunizieren.

Falls ihr nicht allzu weit vom Campus entfernt sein wollt: Sehr beliebt unter Studierenden ist die Gegend Neve Sha’anan oder der Ziv Center westlich vom Campus. In Nesher ist es ruhiger und einfacher eine schöne Wohnung zu bekommen.

Verpflegung

Zu Beginn war ich etwas geschockt über die hohen Preise, auch bei der Verpflegung: Auf dem Campus gibt es mehrere kleine Essensstände statt einer zentrale Mensa. Ein Schawarma oder Hummus kostet so um die 30 Schekel, also ca. 8 Euro. Dieses Budget sollte man pro Tag einplanen, falls man nicht selbst kocht. Es gibt jedoch auch günstigere Nudelgerichte oder Pizza in der Espresso-Bar im Ullman-Building. Außerhalb des Campus ist man in israelischen Restaurants schnell 100 Schekel oder mehr los.
Es lohnt sich also durchaus selbst zu kochen. Besonders günstig sind die Lebensmittel auf dem Markt (z.B. dem Talpiot Markt). In Nesher kann ich den Keshet Taamim empfehlen (russischer Supermarkt, sehr nette Mitarbeiter und gute Preise) und ansonsten gibt es im Ziv Center einen Shufersal (mittelpreisig) oder ihr fahrt mit dem Bus zum Rami Levy (niedrigpreisig, Discounter).

Kontakte zu Studienkollegen/innen, Freizeitgestaltung

Die israelischen Studierenden sind besonders zu Beginn des Semesters sehr neugierig und kontaktfreudig und man lernt täglich neue Leute in den Kursen, beim Mittagessen oder auf dem Campus kennen. Seid offen für Begegnungen und nutzt doch einfach die Sprachbarriere und Orientierungslosigkeit zu Beginn, um persönlich um Rat zu fragen und so ins Gespräch zu kommen!

Aus persönlicher Erfahrung kann ich außerdem empfehlen, neben den fachlichen Kursen auch das Sportangebot oder einen der kreativen Kurse vom „Humanities and Arts Department“ (Blasorchester, Symphonieorchester, Chor etc.) zu nutzen. Kontaktiert hierzu den Kursleiter und bittet um Teilnahmeerlaubnis. Ich hatte eine tolle Zeit im Blasorchester und habe hier nicht nur viele israelische Freunde gefunden, sondern als netten Nebeneffekt auch die Zahlen auf Hebräisch gelernt. Instrumente kann man zu einem annehmbaren Preis z.B. im Musikladen „Sound of Music“ mieten.

In der Freizeit kann man wunderbar mit Bus und Bahn reisen, an den Strand fahren, einen sonnigen Tag in Akko genießen oder das Sportangebot auf dem Campus (Fitnesstudio, Tennis, Volleyball, Fußball, Schwimmhalle, Sauna) wahrnehmen. Auch die Kinos zeigen die meisten Filme in Englisch. Falls ihr zu einem Shabbatdinner oder -lunch eingeladet werdet, lasst Euch die Erfahrung
nicht entgehen!

Immatrikulation und Studierendenausweis

Als Masterstudent gab es bei mir hier keinerlei Probleme. Die benötigten Dokumente für die Immatrikulation sowie alle Informationen zum Prozess werden Euch frühzeitig mitgeteilt.
Ihr müsst zunächst eine Administrative Fee zahlen, zudem die Krankenversicherung nachweisen sowie schließlich noch eine Campus Fee für die Mitgliedschaft im ASAT zahlen. Letzteres wurde bei uns zu spät kommuniziert, sodass viele Studierende den blauen Ausweis und somit den Zugang zum Campus erst gut zwei Wochen nach Semesterbeginn erhalten habe (das Nesher und Canada Gate sind am Shabbat und Abends ab 22 Uhr geschlossen und ohne Studierendenausweis gelangt ihr lediglich mit großem Umweg über das Neve Sha’anan Gate auf den Campus).

Bargeld oder Karte? – Mobilität

Es ist zu empfehlen, jederzeit 100-200 Schekel dabei zu haben. In den öffentlichen Verkehrsmitteln kann jedoch nicht in Bar gezahlt werden. Entweder ihr kauft Euch eine RavKav Karte (an jedem größeren Bahnhof erhältlich) oder ihr erstellt euch im Vorhinein einen Account in der App Moovit. Diese App ist unverzichtbar um in Israel von A nach B zu kommen. Zudem kann man hier seine Kreditkarte verknüpfen und somit die Tickets hierüber kaufen,
indem man den jeweiligen QR-Code im Verkehrsmittel scannt.

Aktuelle Lage in Israel

In Haifa ist es sehr ruhig und ich fühle mich zu jeder Zeit sicher. Aktuell (Beginn 2023) ist die Sicherheitslage aufgrund von Militäroperationen in der Westbank mit Todesopfern sowie den darauf folgenden Reaktionen in gewissen Gegenden durchaus angespannt. Politisch finden zahlreiche Protestaktionen gegen die rechtsgerichtete Regierung statt und vor allem die sekuläre Bevölkerung (und somit die meisten Menschen am Technion) ist besorgt über die Entwicklungen.

Zudem fordern zahlreiche Professor*innen aktuell mehr finanzielle Unterstützung vom Staat und möglicherweise soll der Druck über die Studierenden aufgebaut werden, sodass zum nächsten Semester Angebote beschränkt oder zeitlich verschoben werden. Inwiefern mögliche Maßnahmen in nächster Zeit auch internationale Studierende betreffen, bleibt abzuwarten.

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